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Gewaltfrei oder bedürfnisorientiert?

Aktualisiert: 18. Aug.

Warum dieser Unterschied im Hundetraining wichtig ist.


Hundeschule in Weimar

Wenn du dich für ein harmonisches Zusammenleben mit deinem Hund interessierst, bist du bestimmt schon über Begriffe wie "gewaltfrei" oder "bedürfnisorientiert" gestolpert. Oft werden diese Wörter als Synonyme verwendet - doch es gibt feine, aber entscheidende Unterschiede. In diesem Beitrag möchte ich dir zeigen, warum die Kombination aus beiden letztlich der Weg zu einer echten, tiefen Verbindung mit deinem Hund ist.

Denn Hundetraining ist mehr als Kommandos und Verhalten - es ist Beziehung. Und Beziehung beginnt da, wo wir unser Gegenüber wirklich wahrnehmen.


Was bedeutet gewaltfreies Hundetraining?


Gewaltfrei zu trainieren bedeutet, auf jede Form von körperlichem und seelischem Druck zu verzichten. Das schließt Strafen, Leinenrucke, Einschüchterung, Stachel- oder Würgehalsbänder und auch subtile Formen von Zwang aus.

Es geht darum, deinem Hund in einem sicheren Rahmen zu zeigen, welches Verhalten du dir von ihm wünschst – ohne dass er Angst haben muss, etwas falsch zu machen. Methoden wie Markersignale, positive Verstärkung, kleinschrittiges Heranführen und klare, liebevolle Kommunikation stehen im Vordergrund.

Dabei steht nicht nur das Ergebnis im Mittelpunkt, sondern auch der Weg dorthin: fair, nachvollziehbar, liebevoll.


💡Wichtig zu verstehen: Gewaltfreiheit ist eine Grundhaltung. Sie beginnt in deinem Inneren - in der Art, wie du über deinen Hund denkst und mit ihm fühlst.

Was bedeutet bedürfnisorientiertes Hundetraining?


Bedürfnisorientiert zu arbeiten geht noch einen Schritt weiter. Hier geht es nicht nur darum, gewaltfrei zu trainieren, sondern vor allem darum, deinen Hund als fühlendes, individuelles Wesen mit ganz eigenen Bedürfnissen wahrzunehmen – und diese Bedürfnisse als handlungsleitend zu verstehen.

Ein bedürfnisorientierter Ansatz fragt nicht: Wie bringe ich meinem Hund etwas bei?Sondern: Warum verhält sich mein Hund so – und was braucht er gerade wirklich?

Das kann bedeuten, dass du kein Training brauchst, sondern eine Veränderung im Alltag. Oder dass du erstmal die Ursache eines Verhaltens erforschst, statt es „abzustellen“.


💡Beispiel: Ein Hund bellt, wenn er einen anderen Hund sieht. Gewaltfrei würde man das Verhalten umlenken, ihn z. B. mit einem Spielzeug ablenken und somit das Alternativverhalten belohnen. Bedürfnisorientiert würde man fragen: Was bewegt den Hund gerade? Was möchte er uns sagen? Und welche Information gibt mir das Bellen des Hundes über seine innere Lage? - und darauf aufbauen.

Gemeinsamkeiten - und warum beides wichtig ist


Beide Ansätze – gewaltfrei und bedürfnisorientiert – eint der Wunsch, auf Augenhöhe mit dem Hund zu leben. Ohne Druck. Ohne Machtausübung. Mit Respekt, Verständnis und Empathie.

Sie erkennen an, dass dein Hund kein „Befehlsempfänger“ ist, sondern ein soziales Wesen mit Gefühlen, Bedürfnissen und Grenzen. Beide Wege lehnen Strafe und Dominanzdenken ab und orientieren sich an modernen Erkenntnissen der Verhaltensbiologie und Lernpsychologie.

Doch die Gewichtung ist unterschiedlich:

Aspekt

Gewaltfreies Training

Bedürfnisorientiertes Training

Fokus

Verhalten & Methodik

Bedürfnisse & Ursachen

Frage

Wie kann ich das Verhalten ändern?

Warum zeigt mein Hund dieses Verhalten? In welcher Emotion ist er?

Ziel

Kooperation ohne Strafe

Beziehung auf Basis von Verständnis und Vertrauen

Werkzeuge

Belohnung, Marker, Trainingspläne

Beobachtung, Alltagsanpassung, Verständnis

Warum bedürfnisorientiertes Arbeiten tiefer geht


Vielleicht merkst du schon: Bedürfnisorientierung ist mehr als eine Methode – es ist eine Lebenshaltung. Sie bedeutet, dich ehrlich zu fragen:

 

  • Warum stört mich dieses Verhalten meines Hundes gerade wirklich?

  • Was erzählt mir mein Hund mit seiner Körpersprache, mit seinem Verhalten?

  • Bin ich bereit, ihm zuzuhören – auch wenn mir seine Antwort nicht gefällt?

 

Es bedeutet, dass du dich auch mit dir selbst auseinandersetzt. Denn oft entstehen Konflikte nicht durch den Hund, sondern durch unsere Erwartungen an ihn. Ulli Reichmann schreibt in „Wege zur Freundschaft“ sinngemäß: „Beziehung ist kein Tool, sondern ein Ergebnis von echtem Interesse am Gegenüber.“

 

Ein bedürfnisorientiertes Training erfordert Mut. Den Mut, Verhaltensprobleme nicht als Fehler zu sehen, sondern als Signal. Es bedeutet, nicht zu fragen: Wie bringe ich meinem Hund bei, nicht zu bellen?, sondern: Was braucht er, damit er gar nicht erst das Bedürfnis verspürt zu bellen?


Die Bedeutung der rassetypischen Veranlagung


Ein weiterer wichtiger Aspekt im bedürfnisorientierten Hundetraining ist das Verständnis der rassetypischen Eigenschaften deines Hundes. Denn viele Verhaltensweisen, die uns im Alltag herausfordern, haben einen tiefen Ursprung in der Zuchtgeschichte.

 

  • Hütehunde wünschen sich u. a. gemeinsame Erlebnisse mit dem Menschen.

  • Ein Jagdhund mag es auf spannenden Schnüffelspaziergängen auch mal quer durch den Wald zu gehen.

  • Ein Molosser ist z. B. sehr ortstreu, sie mögen immer die gleichen Spazierwege im erweiterten Territorium.

 

Wenn du diese Anlagen nicht nur akzeptierst, sondern in deinen Alltag integrierst, entspannst du die Beziehung enorm. Denn dann muss dein Hund nicht mehr gegen dich arbeiten – sondern kann mit dir arbeiten.

Es ist wichtig, Verhalten nicht zu bewerten, sondern zu verstehen. Kein Hund ist „schwierig“, weil er viel bellt. Vielleicht ist er wachsam. Vielleicht ist er unsicher. Vielleicht hat er nie gelernt, sich anders auszudrücken.

💡Verstehen statt verändern - das ist der Schlüssel

Gewaltfrei und trotzdem zu viel? - Ein Blick auf Überforderung


Ein häufiger Irrtum: Wenn ich nur gewaltfrei arbeite, ist alles gut. Doch auch in einem gewaltfreien Setting kann ein Hund überfordert, übersehen oder missverstanden werden.

Ein Hund, der ständig animiert wird, über Leckerlis motiviert zu Höchstleistung, ohne jemals zur Ruhe zu kommen – erlebt zwar keine Gewalt, aber auch keine Erholung.

Deshalb ist Bedürfnisorientierung der fehlende Puzzlestein. Sie fragt:

 

  • Was braucht mein Hund wirklich?

  • Kann ich gerade loslassen statt trainieren?

  • Braucht mein Hund heute Ruhe statt Input?

 

Das bedeutet: Gewaltfreiheit ist der Anfang. Bedürfnisorientierung ist der Weg.


Die Sprache des Hundes – und was sie uns zeigt

 

Ein zentrales Werkzeug auf diesem Weg ist die Sprache des Hundes. Du wirst Bedürfnisse nicht erkennen, wenn du Signale nicht lesen kannst. Hunde kommunizieren ständig – aber oft sehr leise.

Sie zeigen Beschwichtigung, Stress, Überforderung. Sie geben Signale, bevor sie „laut“ werden. Gewaltfreies Training reagiert oft erst auf Verhalten. Bedürfnisorientierung schaut schon vorher hin.

Deshalb ist es so wichtig, Körpersprache zu verstehen. Wenn dein Hund sich abwendet, leckt, gähnt, sich schüttelt – dann „spricht“ er mit dir. Hör ihm zu.


Die Rolle der Emotionen im Verhalten


Verhalten ist nicht nur Ausdruck von Bedürfnissen – sondern auch von Emotionen. Hunde empfinden, genau wie wir, grundlegende Gefühle wie Angst, Freude, Trauer, Frustration oder Neugier. Und genau diese Emotionen bestimmen mit, wie ein Hund sich in einer bestimmten Situation verhält.

Ein Knurren zum Beispiel ist kein Zeichen von „Dominanz“ – sondern häufig ein Hinweis auf Unsicherheit oder Angst. Ein Hund, der bellt, weil er allein zu Hause ist, zeigt damit nicht Trotz – sondern möglicherweise tiefe Verlassenheitsgefühle.

Wenn du lernst, Emotionen zu erkennen und ernst zu nehmen, kannst du Verhalten viel besser einordnen – und deinem Hund wirklich helfen.

Wir schauen uns dieses Thema bald noch genauer an – in einem eigenen Blogartikel über die Emotionen des Hundes und was sie uns über sein Verhalten verraten. Wenn du nichts verpassen willst, trag dich gern in den Newsletter ein oder schau regelmäßig im Blog vorbei.


Was du mitbringen darfst: Innere Haltung


Der Unterschied zwischen gewaltfreiem und bedürfnisorientiertem Arbeiten liegt nicht nur in der Methode – sondern in deiner inneren Haltung. Du bist nicht nur Trainer:in deines Hundes. Du bist sein sicherer Hafen, sein Spiegel, seine Begleitung durchs Leben.

Wenn du beginnst, deinen Hund in seiner Ganzheit zu sehen - mit seiner Vergangenheit, seinen Emotionen und seinen inneren Bedürfnissen - dann veränderst du nicht nur das Training, sondern eure ganze Beziehung.

Bedürfnisorientiertes Arbeiten ist auch ein Weg zu dir selbst. Zu deiner Geduld, deinem Mitgefühl, deiner Selbstverantwortung. Es lädt dich ein, weniger zu bewerten – und mehr zu verstehen. Weniger zu „machen“ – und mehr zu sein.


Fazit: Gewaltfrei ist gut - bedürfnisorientiert ist tiefer


Beides hat seinen Platz. Gewaltfreies Training ist die ethische Grundlage. Bedürfnisorientiertes Arbeiten ist die emotionale und beziehungsorientierte Weiterentwicklung.

Wenn du nur gewaltfrei trainierst, bleibst du vielleicht im Verhalten hängen. Wenn du bedürfnisorientiert arbeitest, schaust du tiefer – in das Wesen deines Hundes, in seine Gefühlswelt, seine Sprache, seine Geschichte.

Und genau dort – jenseits von „Sitz“ und „Bleib“ – beginnt Beziehung. Freundschaft. Vertrauen.

Und wenn du dort ankommst, wirst du sehen: Dein Hund hatte dir die ganze Zeit etwas zu sagen. Du musstest nur anfangen, wirklich zuzuhören.


Lass uns diesen Weg gemeinsam gehen! Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, wie du deinen Hund besser verstehen, seine Bedürfnisse erkennen und eine ehrliche, respektvolle Beziehung aufbauen kannst, dann melde dich gern bei mir. Hier geht's zu meinem Angebot - für ein harmonisches Miteinander, das auf Vertrauen und Verständnis basiert.

Mit herzlichen Grüßen und einem liebevollen Blick für deinen Hund.

Ina von Inas Hundewelt bedürfnisorientierte Hundeschule Weimar


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